Thema Betreuungsrecht: Zur Erforderlichkeit der Betreuung

Laut Beschluss des XII. Zivilsenats vom 2.3.2022 – XII ZB 558/21 hängt die Erforderlichkeit einer Betreuung von der Betreuungsbedürftigkeit des Betroffenen ab.

Für welchen Aufgabenbereich ein Betreuungsbedarf besteht, ist nach der Lebenssituation des Betroffenen zu beurteilen.

Für die Betroffene wurde ein Betreuungsverfahren angeordnet. Sie wendet sich gegen die Betreuung. Die Betroffene wurde erstmals angehört. Beim Anhörungstermin waren die für sie bestellte Verfahrenspflegerin und ein Sachverständige anwesend. Nach dem Anhörungster-min erstattet der Sachverständige das Gutachten und wies darauf hin, dass das Gutachten aus gesundheitlichen Gründen der Betroffenen nicht bekanntgegeben werden sollte. Das Amtsgericht übersandte das Gutachten sodann nur der Betreuungsstelle und dem Verfah-renspfleger. Das Amtsgericht ordnete nach einem weiteren Anhörungstermin für die Betroffe-ne eine Betreuung an.

Der Aufgabenkreis für die Betreuung umfasste: Befugnis zum Empfang und Öffnen von Post Regelung der Angelegenheiten betreffend den Miteigentumsanteil der Betroffenen an der Immobilie E., Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitssorge, Vermögensan-gelegenheiten, Vertretung gegenüber Behörden und Sozialversicherungsträgern und Woh-nungsangelegenheiten.

Die Betroffene legte dagegen Beschwerde ein, die das Landgericht ohne erneute Anhörung zurückgewiesen hat. Hiergegen wendete sich die Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, die Erfolg hatte. Die Sache wurde an das Landgericht zurückgewiesen und führte zur Aufhebung des Beschlusses.

Das Amtsgericht hat die Betroffene zweimal angehört.

Von einer erneuten Anhörung hat das Gericht abgesehen mit der Begründung, dass eine erneute Anhörung der Betroffenen zusätzliche keine Erkenntnisse erbringen würden. Eine Entscheidung ohne Anhörung der Betroffenen hätte nicht stattfinden dürfen. Dies rügt die Rechtsbeschwerde zu Recht. Die Betroffene hätte vor Bestellung eines Betreuers persönlich angehört und das Beschwerdegericht hätte sich einen persönlichen Eindruck verschaffen müssen.

Die Pflicht zur persönlichen Anhörung der Betroffenen besteht auch im Beschwer-deverfahren. In vorliegenden Fall hat das Betreuungsgericht aus gesundheitlichen Gründen von einer vor-herigen Bekanntgabe des Gutachtens an die Betroffene abgesehen. Ein rechtliches Gehör kann dann nur sichergestellt werden, wenn der Verfahrenspfleger mit der Betroffenen über das Gutachten spricht. Dies setzt einen Hinweis vom Gericht an den Verfahrenspfleger vo-raus. Es muss ein konkreter Bedarf für die Bestellung des Betreuers vorliegen. Dieser Hin-weis an den Verfahrenspfleger ist nicht erfolgt.

Die Voraussetzungen für einen ordnungsge-mäße Anhörung waren nicht erfüllt. Der Hinweis des Amtsgerichts an die Betroffene, wonach der Sachverständige mitgeteilt hat, dass die Einrichtung einer Betreuung aus ärztlicher Sicht wichtig und dringlich sei, reicht nicht aus, um die Betroffene hinreichend über das Gutachten zu informieren.

Die Sache wurde nun an das Landgericht zur weiteren Entscheidung zurückgewiesen.  

Dieser Beitrag wurde von Rechtsanwalt Oliver Thieler, LL.M. von der Rechtsanwaltskanzlei Prof. Dr. Thieler – Prof. Dr. Böh – Thieler Rechtsanwaltsgesellschaft erstellt.

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