Entsprechend des Sachverhalts des Beschlusses des Bundesgerichtshofs XII. Zivilsenats vom 23.02.2022 – XII ZB 424/21 wendete sich der Lebensgefährte der Betroffenen sich gegen die Bestellung eines Berufsbetreuers und gegen die Verlängerung der eingerichteten Betreuung.
Im Jahr 2017 hatte die Betroffene eine notarielle Vorsorgevollmacht zur Alleinverfügung für ihren Lebensgefährten und ihre beiden Kinder erstellt. Ebenso hatte sie verfügt – sollte dennoch eine Betreuung angeordnet werden – dass zuerst ihr Lebensgefährte als Betreuer bestellt werden soll und danach ihre Kinder. Im Dezember 2019 bestellte das Amtsgericht eine Berufsbetreuerin für die Betroffene. Der Lebensgefährte legte hiergegen Beschwerde ein. Das Landgericht holte ein Sachverständigengutachten ein und wies die Beschwerde zurück. Im Januar 2021 hat das Amtsgericht mit Beschluss unter Bezugnahme auf das eingeholte Gutachten die Betreuung bei gleichbleibender Betreuerbestellung und unverändertem Aufgabenkreis die Betreuung für weitere 7 Jahre verlängert. Auf die vom Lebensgefährten erneute eingelegte Beschwerde hat sich das Amtsgericht im Abhilfeverfahren einen persönlichen Eindruck von der Betroffenen verschafft und die Beschwerde zurückgewiesen. Das Gericht hat sich auf das Gutachten im Ausgangsverfahren gestützt. Der Lebensgefährte legt Rechtsbeschwerde ein und diese hat Erfolg.
Die Rechtsbeschwerde rügte zu Recht als verfahrensfehlerhaft, dass sich das Beschwerdegericht keinen persönlichen Eindruck von der Betroffenen verschafft hat. Das Gericht muss auch in einem Verlängerungsverfahren vor seiner Entscheidung den Betroffenen persönlich anhören und sich einen persönlichen Eindruck von ihm zu. Dies gilt auch im Beschwerdeverfahren. Dies hat es nicht getan. Hiervon durfte das Beschwerdegericht auch nicht absehen. Denn die erstinstanzliche Entscheidung litt an einem wesentlichen Verfahrensmangel, weil sich das Amtsgericht entgegen nicht vor seiner Entscheidung einen persönlichen Eindruck von der Betroffenen verschafft hat. Zwar hat das Amtsgericht dies im Abhilfeverfahren nachgeholt. Dadurch konnte der Mangel jedoch nicht geheilt werden. Denn wie der Senat nach Erlass des angefochtenen Beschlusses entschieden hat, kann eine erstinstanzlich unterbliebene Anhörung eines Betroffenen im Abhilfeverfahren regelmäßig weder geheilt noch nachgeholt werden. Die Angelegenheit ist an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist.
Dieser Beitrag wurde von Rechtsanwalt Oliver Thieler, LL.M. von der Rechtsanwaltskanzlei Prof. Dr. Thieler – Prof. Dr. Böh – Thieler Rechtsanwaltsgesellschaft erstellt.
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