Vollmachtsmissbrauch entwickelt sich stufenweise

In der Bearbeitung meiner Mandate stoße ich immer wieder auf unterschiedliche Konstellationen von Vollmachtsmissbrauch, die alle eine Gemeinsamkeit haben: Dritte nutzen aus finanziellen Motiven die Hilfsbedürftigkeit betagter und/oder kranker Menschen durch Erstellung von Vorsorgevollmachten aus. Dabei wird i. d. R. stufenweise vorgegangen. Nachdem sich die Täter das Vertrauen der betroffenen Personen durch persönliche Zuwendung erschlichen haben, folgt im nächsten Schritt die Manipulation. Den Geschädigten – zukünftigen Vollmachtgebern – wird suggeriert, die Täter seien die alleinigen Personen, auf die jederzeit und in jeder Hinsicht Verlass wäre. Verwandte und Freunde würden sich ja sowieso nicht mehr melden oder hätten es nur „auf das Geld abgesehen“. Die Verbringung in ein Seniorenheim über kurz oder lang sei eine sichere Sache, besonders dann, wenn ein gerichtlicher Betreuer bestellt werde. Auf diese oder ähnliche Weise wird eine Drohkulisse aufgebaut, die in ein Abhängigkeitsverhältnis mündet, aus dem sich die Geschädigten nicht mehr selbst befreien können. Mitunter realisieren die Geschädigten die Situation, in der sie damit stecken, nicht. Im weiteren Verlauf wird den Geschädigten eine Vorsorgevollmacht zur Unterschrift vorgelegt. Die rechtliche Bedeutung und Reichweite einer Vorsorgevollmacht ist den Geschädigten oft nicht bewusst. Sie unterschreiben teilweise sogar, ohne das Dokument überhaupt zu lesen. Ein Betroffener in einem der von mir bearbeiteten Mandate ging gar davon aus, eine routinemäßige Beauftragung für einen Pflegedienst vor sich zu haben, als er eine alle Lebensbereiche umfassende Vorsorgevollmacht für den ihm bis dahin fast vollständig unbekannten Vorsorgebevollmächtigten unterschrieb. Auch fällt Geschädigten teilweise nicht auf, welches Datum von den Tätern in der Vollmachtsurkunde eingetragen wird. Rückdatierungen von Vorsorgevollmachten sind ein oft genutztes Mittel, die Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers zu umgehen. Insbesondere die Rückdatierung einer Vorsorgevollmacht kann von Rechtsexperten auf den ersten Blick erkennbar sein.
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