Zur Betreuerauswahl – Angehörige haben Vorrang vor Berufsbetreuung

Gem. § 1816 Abs. 2 Satz 1 BGB hat das Betreuungsgericht dem Wunsch des Betroffenen, eine Person zum Betreuer zu bestellen, zu entsprechen. Dieser Wunsch ist nur dann nicht zu erfüllen, wenn die gewünschte Person zur Führung der Betreuung nicht geeignet ist. Erforderlich ist in der Regel weder Geschäftsfähigkeit noch natürliche Einsichtsfähigkeit. Darüber hinaus ist nicht erforderlich, dass der Vorschlag des Betroffenen ernsthaft, eigenständig gebildet und dauerhaft ist. Vielmehr genügt, dass der Betroffene seinen Willen oder Wunsch kundtut, eine bestimmte Person solle sein Betreuer werden, vgl. BGH, Beschluss vom 18.8.2021, AZ: XII ZB 151/20 Gem. § 1816 Abs. 3 BGB sind, wenn der Betroffene niemanden als Betreuer vorgeschlagen hat, bei der Auswahl des Betreuers die familiären Beziehungen des Volljährigen, insbesondere zum Ehegatten, zu Eltern und zu Kindern, seine persönlichen Bindungen sowie die Gefahr von Interessenkonflikten zu berücksichtigen. Die bevorzugte Berücksichtigung der Angehörigen dient dem Schutz von Ehe und Familie. Die Vorschrift kommt auch dann zur Anwendung, wenn der Betroffene einen Angehörigen als Betreuer benannt hat. Denn der Angehörige ist nach Maßgabe dieser Vorschrift „erst recht“ zu bestellen, wenn der Betroffene selbst diesen Angehörigen ausdrücklich als Betreuer seiner Wahl benannt hat, vgl. BGH, Beschluss v. 18.8.2021, AZ: XII ZB 151/20 Auf der Grundlage dieser (gefestigten) Rechtsprechung wird ein Kind des Betroffenen, das zum Betroffenen eine persönliche Beziehung unterhält und das mehrfach Wunschbetreuer vom Betroffenen benannt wurde, bei der Betreuerauswahl durch das Gericht besonders zu berücksichtigen sein. In einem solchen Fall darf nur dann ein Berufsbetreuer bestellt werden, wenn erhebliche Gründe des Wohls des Betroffenen der Bestellung des Kindes zum Betreuer entgegenstehen. Damit einher gehen besondere Anforderungen an die Ermittlungen des Betreuungsgerichts. Das Gericht wird die Gründe, die möglicherweise gegen die Bestellung des Kindes zum Betreuer sprechen könnten, nur dann verlässlich feststellen können, wenn dem Kind Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde und eine persönliche Anhörung stattfand. Eine Berufung auf Mitteilung Dritter, die die Geeignetheit des Kindes in frage stellen, genügt nicht um die vermeintliche Ungeeignetheit festzustellen, vgl. BGH, Beschluss vom 01.03.2023, AZ: XII ZB 285/2.
Dieser Eintrag wurde veröffentlicht am Allgemein. Setze ein Lesezeichen auf den permalink.