Der Betreuer und die Auskunftspflicht gegenüber Angehörigen – Warum wurde diese Selbstverständlichkeit gesetzlich normiert?

Eine durchaus berechtigte Frage. Wenn Betreuungen ausschließlich ordnungsgemäß geführt werden würden, wäre diese gesetzliche Regelung (§ 1822 BGB) tatsächlich überflüssig. Betreuer würden – entsprechend den Wünschen der betreuten Personen – ohnehin obligatorisch mit Angehörigen und Vertrauenspersonen zusammenarbeiten, um so den Umständen entsprechende, optimale Verhältnisse und Lebensumstände für die betreute Person zu schaffen. Dieses Idealbild existiert in der Realität leider nicht. Unsere Erfahrungen in der betreuungsrechtlichen Praxis zeigen, dass Betreuer – und zwar Berufsbetreuer und ehrenamtliche Betreuer – mitunter keinen Bedarf erkennen, Angehörige und andere Vertrauenspersonen der Betroffenen über Lebensumstände, Vermögen etc. und damit zwangsläufig zusammenhängender Lebensplanung der Betroffenen zu informieren. Die Gründe dafür variieren je nach Einzelfall und Interessenlage der Betreuer. Betreute können auf diese Weise in einer Art isoliert werden, dass gerichtliche Überprüfungen im Hinblick auf mögliche Betreuerwechsel oder ggf. sogar Wegfall der Betreuungsvoraussetzungen nicht effektiv von außen auf den Weg gebracht und nur sehr schwer durchgesetzt werden können. Durch Informationssperren (oder rein formaler Auskunftserteilung in Form von inhaltsleeren Worthülsen) können sich Betroffene in einer Art „Machtvakuum“ befinden. Dies soll seit 01.01.2023 mit § 1822 BGB verhindert, bzw. angegriffen werden können. Aktuelle Berichte von Betroffenen und Angehörigen bestätigen aber, dass gerade die Betreuer, die bisher so gearbeitet haben, sich auch von dieser Vorschrift nicht beeindrucken lassen. Die Schwachstellen des § 1822 BGB, nämlich „mutmaßlicher Wille des Betreuten“ und „Zumutbarkeit für den Betreuer“ sind leider – jedenfalls nach Ansicht dieser Betreuer – hervorragend dazu geeignet, Zirkelschlüsse herbeizuführen. Bis Betreuungsgerichte auf die Verletzung von § 1822 BGB hingewiesen werden, dort diese Informationen verarbeitet werden und schließlich – unter Umständen – eine gerichtliche Weisung an Betreuer erfolgt, die dieser dann – unter Umständen – auch befolgt, verstreicht wertvolle Zeit, die Betroffenen und Angehörigen oft nicht zur Verfügung steht und schon vorhandenes Leid weiter intensiviert. Manifestiert wird diese Situation in den schlechtesten Fällen dadurch, dass nicht einmal gerichtliche Informationen an Angehörige erteilt werden, ob gerichtliche Aufsicht ausgeübt wird oder nicht – mit dem Argument, es bestünde keine Beteiligung der Angehörigen am Verfahren. Damit ist der Zirkel erneut geschlossen.
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